Im Gegensatz zur Innovation ist der Begriff Nachhaltigkeit recht schnell
definiert und erklärt. Nachhaltigkeit bedeutet demnach, dass wir mit Bedürfnissen
der heutigen Generationen so umzugehen haben, dass wir damit künftige Generationen
nicht gefährden. Eben nachhaltig!
Schön wäre es, wenn wir an dieser Stelle für den Begriff Innovation eine ebenso
ähnliche und klar formulierbare Definition vorfinden würden. Nun gut, wir
könnten es uns aber auch etwas leichter machen und für den Begriff Innovation
einfach eine neue Begrifflichkeit erfinden. So wie wir es aus vielen anderen
Beispielen kennen.
So las ich beispielsweise vor kurzem über die derzeit aufflammende Nachhaltigkeitsdebatte
unserer Konsummärkte, dass das Wort Nachhaltigkeit durch die etwas eigenartige
Bezeichnung "strategischer Konsum" ersetzt wurde. über den Sinn dieser "Verwandlung"
kann sich jeder sein eigenes Bild machen. Aber nur soviel: Nachhaltigkeit
hat in aller erster Instanz so gut wie gar nichts mit Konsum zu tun! Denn
Nachhaltigkeit ist im Grundsatz mit Selbstverantwortung gleichzusetzen. Und
wenn wir jetzt wirklich auch ein neues (und passendes) Wort für Innovation
suchen müssten, dann würde ich zu dem katalanischen Begriff "Senje" tendieren,
was so viel bedeutet wie, eine Sache mit klarem Kopf und Verstand anzugehen.
Womit wir wieder bei der Nachhaltigkeit wären.
Eines der wirklich spannenden Themen der Zukunft besteht darin, dass wir die
wichtige Verbindung von Innovation und Nachhaltigkeit verstehen und umsetzen
müssen. Genau darin liegt eine große Chance. Nämlich hin zu einem nachhaltigen
Innovationsmanagement.
Wie wichtig die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Innovation ist verstehen
wir, wenn wir uns ein wenig mit der Evolution auseinander setzen. Denn Innovation
und Evolution haben einige sehr ähnliche Merkmale. Allerdings besteht in der
eigentlichen Systematik ein gravierender Unterschied. Und dieser liegt darin,
dass unsere Natur es von Anfang an gewohnt war Probleme zu lösen, ohne damit
gleichzeitig immer größere Probleme zu schaffen. Und im Gegensatz zu unseren
Innovationsansätzen beschränkt sich die Natur darauf, nicht absolut perfekt
zu sein. Wirklich perfekt ist sie nur darin, mit Fehlern umzugehen. Etwas,
was man für unsere Innovationsansätze nicht unbedingt behaupten kann.
Und wenn jetzt alle über Klimawandel, Energieknappheit oder Ernährungsprobleme
sprechen, wäre es langsam wirklich an der Zeit, sich ernsthaft und nachhaltig
damit auseinanderzusetzen. All die oben erwähnten Tatsachen werden in den
nächsten Jahren in Europa durch eine immer noch mehr um sich schlagende Globalisierung
mit all ihren Folgen aber auch Chancen gnadenlos weiterentwickeln. China Forschungsausgaben
werden wahrscheinlich die der EU schon im Jahre 2010 übersteigen. Und Indien
liegt ebenso nicht mehr weit davon entfernt. Dabei kommen im globalen Innovationswettstreit
ständig neue Konkurrenten hinzu.
Viel wird gesprochen. Zukunftsszenarien werden aufgezeigt. Aber wenn es ums
Umsetzen geht, dann ziehen wir doch lieber wieder das gute alte vor. Und wenn
das nicht hilft, versucht man eben den Dingen neue Namen zu geben. Auch das
ist eine Form von Innovations- und Zukunftspolitik, die scheinbar noch immer
funktioniert. Fragt sich nur, wann das Kartenhaus in sich zusammenbricht.
Vielleicht sollten wir, anstatt ständig unverständliche Innovationsdebatten
führen (und dabei nur die Tatsachen verdrehen), endlich hergehen und einmal
die Wahrheit darstellen. Nämlich jene Wahrheit, wie unsere Innovationseffizienz
denn wirklich aussieht. Eben das Verhältnis zwischen dem Innovations-Input
und dem echten Innovations-Output. Diese beiden Faktoren untereinander bestimmen
die Innovationsdynamik eines Landes. Faktum ist, dass wir dabei im Gegensatz
zu anderen Ländern ziemlich alt aussehen.
Um ein langfristiges, folglich auch ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen,
hören wir immer wieder, dass dies nur durch Innovation erreicht werden kann.
Um aber diese Thematik wirklich ernsthaft zu lösen, bedarf es von einer Politik
mehr als nur in Zwei-Jahresrhythmen (zwei Jahre Arbeit und zwei Jahre Wahlvorbereitung)
zu denken. Zudem werden dann noch wirklich epochale Entwicklungen in unserer
Gesellschaft oder auf unseren Märkten schlicht und einfach von der Politik
nicht erkannt oder vergessen. Zudem kommt hinzu, dass innovatives und nachhaltiges
Gedankengut nur durch kurzfristiges Ertragsdenken unserer Finanzmärkte gnadenlos
untergraben wird. Es wäre wirklich ernsthaft an der Zeit, über Selbstverantwortung,
Bewusstsein oder der Förderung von Eigeninitiative auf unterschiedlichen Ebenen
nachzudenken und entsprechend zu handeln.
Um das in die Köpfe aller zu bringen, reicht es aber nicht aus, wenn wir weiterhin
glauben, dass wir durch noch mehr Gesetze und Verordnungen eine Form von Vertrauen
schaffen wollen. Dabei muss Bewusstsein gefordert und gefördert werden, um
dabei die Selbstverantwortung in den Fokus zu stellen. Innovation ist kein
Prozess, der sich von heute auf morgen umsetzen lässt. Vielmehr müssen wir
in einem Stadium des Beginnens bereits darauf achten, was wir in Zukunft damit
erreichen wollen. Und das entsteht durch nachhaltiges Denken. Um das zu erreichen,
ist es nicht ausreichend, weitere fragwürdige plakative Gütesiegel zu definieren.
Viel wichtiger wäre es, eine radikale Bildungsoffensive endlich in die Wege
zu leiten!
Wer jetzt noch immer glaubt, dass Nachhaltigkeit nur über ein Konsumverhalten
zu messen ist, der irrt gewaltig. Nachhaltigkeit beeinflusst nachhaltig unser
Denken und unsere Wahrnehmung... und das würde unserer gesamten Innovationskultur
zu einem unglaublichen Höhenflug verhelfen.
© Klaus Kofler